Montag, 18. Mai 2009
Freitag und Samstag standen Kyoto auf dem Programm. Am 15. Mai findet eines der drei großen Festival statt, das Aoi Matsuri, was soviel wie blaues Fest heißt. Die Japaner nehmen es mit den Farben allerdings nicht so genau. Die Feier ist nach den grünen Blättern und Zweigen benannt, die die Teilnehmer tragen.

Matsuri

Freitag hieß es schon früh aufstehen und mit allen Pendlern und Festivalteilnehmern nach Kyoto fahren. Die Züge waren brechend voll. Die Japaner stellen sich an den Türmarkierungen ganz brav in Reihe auf. Wir drei Mädels haben uns frühzeitig angestellt, weil wir die Hoffnung auf einen Sitzplatz hatten. Der Zug kommt, hält, und die Türen sind natürlich ganz wo anders. Wir mussten also zum Ende der anderen Reihe dackeln, dumme Ausländer. Ansonsten hat alles prima geklappt, meine persönlichen Fremdenführer haben mich gut zum Fest gebracht. Der Umzug beginnt am Kyoto Imperial Palace, dem ehemaligen Kaiserpalast. Wir waren früh genug da und hatten einen Platz in der dritten Reihe. Zu unserem Glück sind die ersten beiden Reihen auf dem Boden sitzen geblieben. Ich war also hautnah dran und hatte beste Sicht. Das Festival habe ich mir allerdings ganz anders vorgestellt, viel lauter und bunter. Es war eher eine feierliche Prozession.

Alle Teilnehmer waren nach Endo Zeit gekleidet, also Japanisches Mittelalter. Die hohen Beamten der damaligen Zeit sind in prächtige Kimonos gekleidet und reiten zu Pferd. Die Pferde sind mit Sätteln und Bändern geschmückt. Die Kimonos sehen aus wie Wickelkleider aus Seide. Es werden mehrere Lagen übereinander getragen. Außerdem hatten alle hohen Herren ein Schwert dabei. Auf dem Kopf sitzt eine Art kleiner Hut mit gerollter Feder. Die Schuhe sind aus Bast geflochtene Sandalen. Neben Mönchen und Edlen gab es auch jede Menge Wasserträger, Schirmträger und Einer war mit Schaufel und Eimer unterwegs und hat sich um die Hinterlassenschaft der Pferde gekümmert. Um genau zu sein habe ich Freitag 511 Personen, 36 Pferde, 4 Kühe und zwei Wagen gesehen. (Was uns der Flyer auf englisch mitgeteilt hat)

Am Besten haben mir die Frauen gefallen. Jede hatte Ihren eigenen Schirmträger. Sie waren weiß geschminkt mit rot umrandeten Augen. Es waren auch sehr junge Mädchen und Kinder dabei. Die Kinder sind in ihren Kimonos unglaublich niedlich. Sie laufen genauso ernst und feierlich wie die Erwachsenen. Die ganze Prozession ist sehr still. Auch die Massen an Zuschauer haben sich äußerst ruhig verhalten. Das Fest hat mir sehr gut gefallen, auch wenn der Mann neben mir fünf Fotos von mir gemacht hat. Zuerst hab ich mich gewundert, was er den fotografiert, denn in dieser Richtung war echt nix besonderes. Weit gefehlt, ich bin ja im Bild gestanden. Aus Rache habe ich dann japanische Frauen mit 7 oder 8 Mini-Hunden fotografiert. Nein im Ernst, es hat mich nicht sonderlich gestört, ich fand es nur sehr seltsam.

Kiyomizu Temple

Nach dem Mittagessen, bei Moosburger jeder einen Hamburger, sind wir zum Kiyomizu Tempel (Wassertempel) gefahren. Er liegt wunderschön am Rand vom Kyoto am Hang. Außen herum ist alles lindgrün. Wir haben verschiedene Schreine und eine Pagode besichtigt. Dann waren wir neugierig und sind für 1 Euro in den Schrein hinab gestiegen. Das war sehr gruselig. Das innere des Tempels war stockfinster, total schwarze Nacht, man konnte rein gar nichts sehen. Um vorwärts zu kommen musste man sich am Geländer festhalten und ganz langsam vorantasten. Nach ein paar raffinierten Kurven findet man einen großen, runden Stein. Er ist geschliffen und auf der Oberfläche ist ein Kanji abgebildet. Erhellt wird er durch einen einzelnen Lichtstrahl. An sich nichts so besonders, aber durch die große Dunkelheit vorher kommt es einem wunderschön und phantastisch vor.

Im oberen teil des Tempels haben meine englischen Freundinnen dann die wahre Leibe gefunden. Es ist ein ganzer Liebersbezirk mit mehreren Schreinen. Auf jeden Fall stehen aus dem Boden zwei mittelgroße Hinkelsteine hervor. Man muss mit geschlossenen Augen vom einen zum Anderen laufen, dann findet man die wahre Liebe. Außerdem ist es gut, wenn man Freunde dabei hat, gleich hinter dem Stein ist nämlich eine Treppe. Der ganze Tag war wunderschön sonnig und wir sind durch 1001 Souvenirshops wieder zurückgelaufen. Am Abend haben wir uns mit den Jungs zum Essen getroffen. Jetzt war ich endlich in einer Life-Cooking Bar. Die Theke ist lang und geschwunden und eine einzige Herdplatte. Man nimmt wie an einer Bar davor Platz. Ich hab Nudeln mit Schweinfleisch bestellt. Die Dame bereitet es direkt vor deiner Nase zu. Wenn es fertig ist bleibt es am Rand der Platte und man nimmt sich immer eine heiße Portion herunter. War ausgesprochen lecker und nicht teuer. Danach waren wir in einer 380 Yen Bar. Dort kostet alles, Sake, Bier, Fleischspieße, ein bisschen über drei Euro. Abends hatte jeder von uns ein eher kurzes Bett in der Jugendherberge.

Kenninji

Samstag wurde erst einmal ausgeschlafen und dann bei Starbucks gefrühstückt. Die Engländer lieben Starbucks, wir investieren ein Vermögen in Kaffe und Zimtrollen. Der Ausländeranteil dort liegt übrigens bei geschätzten 80 Prozent. Anscheinend trifft sich die ganze (nicht-japanische) Welt in diesem Laden. Mittags gabs dann ganz japanisch Running-Suhi. Diesmal alles 105 Yen, ich habe neun Platten gegessen, jede a zwei Sushi, also 18 Stück. Dann haben wir einen anderen Oxfordstudenten getroffen, der in Kyoto lebt. Nach einer weiteren Runde Starbucks, diesmal habe ich meinen persönlichen Fremdenführer auf einen Kaffee eingeladen, ging es zum Kenninji Tempel. In der Tampelanlage stehen viele einzelne Gebäude, jedes Gebäude umspannt eine überdachte Veranda. Das war sehr praktisch, da es die ganze Zeit genieselt hat.

Im Tempel gab es eine wunderschöne Gartenanlage. Sie war mit Steinen, Moosen, Bäumen, Sträuchern und Kieseln gestaltet. Außerdem haben wir die Zwillings-Drachen besichtigt. Im Haupthaus mit der Buddhastatue ist die gesamte Decke bemalt. Zwei große schwarz-weiße Drachen schlängeln sich über einen wolkigen Himmel. Alles ist dunkel und hell gehalten. Die Drachen haben große Mäuler und Augen, Krallen und geschuppte Leiber. Eben richtige Drachen. Den Japanern viel dazu natürlich wieder kawaiii ein, was nieeedlich heißt. Hier ist ziemlich viel kawai. Kleine Hunde und Katzen natürlich, Kuscheltiere, Miss Kitty und die Drachen. Das Essen ist übrigens alles oishi, lecker. Im Tempel gab es außerdem noch ein Gemälde mit zwei Teufeln, die waren nun doch nicht niedlich, aber sehr beeindruckend auf eine goldene Tafel gemalt. Ich hätte noch ewig auf der Terrasse sitzen können und den Garten bestaunen, aber leider hat der Tempel um fünf Uhr geschlossen.